Verein zur Pflege der Denkmäler und der lokalen Kultur
in Neustift am Walde und Salmannsdorf

Der Verein DENK*MAL präsentierte
im Mai 2008 die Ausstellung

Heurige, Weinschänken, Restaurants und Hotels in Neustift am Walde und Salmannsdorf im Wandel der Zeit
Die Gastronomie in den beiden ehemaligen selbstständigen Orten Neustift am Walde und Salmannsdorf war seit jeher durch den Weinbau geprägt, den es bereits zur Zeit der keltischen Herrschaft im Donauraum, also schon vor den Römern, gab.
Die römischen Legionäre bevorzugten den italienischen Wein. Da der Weinimport von dort aber immer teurer wurde, verbot Kaiser Probus 280 n.Chr. den Weinimport und förderte dadurch den Absatz des in Pannonien und Noricum produzierten Weins.
Im Hoch- und Spätmittelalter war der Weinbau im Raum Wien ein wichtiger Wirtschaftszweig. In dem weiten Bereich zwischen den Stadtmauern und dem Gebirge lebten viele Dörfer zum Teil überwiegend vom Weinbau. Zum Schutz dieser Weinbauern wurde bereits im Stadtrecht von 1221 eine Geldstrafe für den Import ungarischen Weins festgesetzt, die 1369 sogar verdoppelt wurde.
Die Bewohner der beiden Orte Neustift am Walde und Salmannsdorf waren Selbstversorger mit den Lebensmitteln des täglichen Bedarfs. Von Viehzucht über Gemüseanbau bis hin zum Weinbau wurde alles in den Rieden des Abhanges des Neubergs und der Sommerhaide be- und erwirtschaftet. Den Überschuss trugen vor allem die Frauen in die Großstadt und verkauften dort den Wienern ihre begehrten Waren.
Als Joseph II. 1784 ein Buschenschankgesetz erließ, das den „ab Hof”-Verkauf, also Direktverkauf des Weins an die Buschenschankbesucher erlaubte und regelte, entwickelte sich ein aufkeimender Ausflugsverkehr in unsere Orte.
Die Weinhauer zogen in der schönen Jahreszeit aus ihren Wohnzimmern aus und funktionierten diese flugs in Heurigenlokale um – der Heurige war somit in Neustift und Salmannsdorf eingezogen. Ab etwa 1880 entwickelten sich die kleinen Buschenschänken in den westlichen und südlichen Vororten Wiens zu größeren Heurigenbetrieben, die zunächst nur von den niedrigeren Volksschichten besucht wurden, bald aber auch das gehobene Bürgertum und arrivierte Künstler als Besucher anzogen. In dieser Zeit (um 1900) traten immer mehr Volkssänger und Musikanten in diesen Betrieben auf.
Vom Erfolg der kleinen nebenberuflich betriebenen Heurigenlokale angetan und um den Ansturm der Wiener gewachsen zu sein, erweiterten um die Wende vom 19. in das 20. Jahrhundert einige Familien das Gastronomieangebot durch Weinschänken und Gasthäuser. Die neuen Verkehrsmittel, wie die Straßenbahn nach Pötzleinsdorf und ab 1908 ein Obus nach Salmannsdorf, trugen das ihre dazu bei Gäste zu uns zu bringen. Die Errichtung von Hotels, um die Gäste auch über Nacht beherbergen zu können, war dann nur mehr eine Frage der Zeit.
Wie es das Buschenschankgesetz vorschrieb, blieb es bis Mitte des 20. Jahrhunderts üblich, dass die Heurigen nur ihre eigenen Produkte zu bestimmten festgesetzten Zeiten verkauften. Die Besucher brachten ihr Essen selbst mit. Erst später begann man, den Besuchern zunächst kalte, später auch warme Speisen zu verkaufen.
Die schweren Zeiten um die Wirtschaftskrise und den zweiten Weltkrieg waren nicht dazu angetan die Gastronomie zu fördern. Viele Betriebe, und hier vor allem die investitionsintensiveren Gasthäuser, Weinschänken und Hotels wurden geschlossen und erholten sich auch in den Jahren nach dem Staatsvertrag nicht mehr wirklich.
In den Jahren des aufblühenden Wirtschaftswunders entwickelten sich Neustift und Salmannsdorf zu Orten, in denen die Wiener wieder zum Heurigen gingen. Die Wienbesucher gingen in dieser Zeit eher nach Grinzing.
Viele Gründe - von wirtschaftlichen, zeitgeistigen über gesellschaftspolitische - führen dazu, dass sich seit den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts eine weitere Wende im Gastronomieangebot unserer Orte vollzieht - die Ablöse von den vielen kleinen, eher einfachen Heurigen, hin zu einigen wenigen Großbetrieben mit reichhaltigem kulinarischem Angebot für den anspruchvolleren Gast des 21. Jahrhunderts.

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