Verein zur Pflege der Denkmäler und der lokalen Kultur
in Neustift am Walde und Salmannsdorf

Richterwarte
Ing. Hannes Trinkl

„In reiner Luft ist mehr darin
als in der dicksten Medizin“
Dieser Spruch an der ehemaligen Richterwarte in Salmannsdorf an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert zeigt die schon damals vorhandene Sehnsucht nach unverfälschter Natur. Es war die Zeit, als die Weinhauerdörfer Neustift am Walde und Salmannsdorf auch beliebte Sommerfrischen für die Städter waren und gerade nach Wien, damals noch nach Währing, eingemeindet wurden. Es war aber auch die Zeit, in der Josef Schöffel seine Überlegungen zum Schutz des Wienerwaldes anstellte und 1905 in die Tat umsetzte.
Die Aussichtswarte wurde 1896 vom Salmannsdorfer Verschönerungsverein unter der Leitung des Präsidenten K. Richter erbaut und machte in ihrem kurzen Leben eine bewegte Geschichte durch. Der sechseckige Holzbau war rundherum offen und mit Holzlatten gedeckt. Im Inneren befand sich ringsum eine Bank.
Es müssen schon frühzeitig Vandalen am Werk gewesen sein, berichtet doch das Protokoll des Verschönerungsvereines bereits 1902 von der Baufälligkeit der Warte. 1905 musste sie sogar mit einem Zaun vor Zerstörern geschützt werden.
Im Jahre 1909 wurde die Warte um 316.- Kronen generalsaniert, spätere Ausbesserungen wurden von privater Hand finanziert.
Im Haus unterhalb der Warte wohnte Frau Neuwirth. Sie schildert das Ende der Richterwarte folgendermaßen: „Während ich in meinem schon recht baufälligem Haus dem Ende eines Unwetters entgegen zitterte, wurde die schon etwas windschiefe Warte von einem verheerenden Sturm umgeworfen. Teile davon flogen bis zu unserem Haus auf der Zierleiten, wo sie als Brennholz ihr unrühmliches Ende fanden“.
In dieser nicht gerade von Wohlstand gesegneten Zeit fand sich niemand mehr, der die Warte wieder neu erstehen ließ.
Wenige Mitbürger kennen die Richterwarte noch aus Erzählungen der älteren Bewohner. Manche erinnern sich an einen Platz mit den letzten Überresten der ehemaligen Warte mitten in den Wäldern des Neuberges, wo sie in ihrer Kindheit Räuber und Gendarm spielten.
Wo stand die Richterwarte?
Für Salmannsdorfer und Neustifter ganz einfach: oberhalb der sogenannten „Turmvilla“, die von weitem sichtbar auf der Zierleiten steht.
Geht man den Steig vom Restaurant-Garten des „Häuserl am Stoan“ talwärts zur Zierleiten, kommt man nach einer scharfen Rechtskurve in einen kleinen Hohlweg. Genau dort, zur linken Hand auf einer kleinen Anhöhe, auf einer Seehöhe von ca. 400 m, befand sich die Richterwarte.
Der Hügel entstand durch den Abraum des bergwärts gelegenen Steinbruchs, aus dem die Neustifter und Salmannsdorfer ihre Häuser bauten.
Heute ist der Ausblick von diesem Hügel auf die Wienerstadt durch üppigen Baumbewuchs stark behindert und nur mehr im Winter möglich.


Gemälde Richterwarte von Karl Sedlak aus 1913 Quellen:
Protokolle des Salmannsdorfer Verschönerungsverein, Frau Neuwirth, Karl Sedlak, Hannes Trinkl

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